Variante 2 - Matter machen
Foto & Digitales

Alles nur gephotoshopt?

Ist echt alles immer nur gephotoshopt? Ich bin immer wieder belustigt, wenn behauptet wird, ein Bild sei nicht echt, es sei mit Photoshop bearbeitet worden. Ganz besonders in den sozialen Netzwerken stößt man immer wieder auf diese Behauptung. Besonders drollig finde ich dabei die Tatsache, dass diese Aussagen zumeist von Leuten kommen, die selbst kaum bzw. gar nicht mit Photoshop arbeiten. Und natürlich sind die meisten Bilder im Internet auf die ein oder andere Art und Weise bearbeitet. Aber in welchem Umfang, das wird gerne falsch verstanden.

Photoshop oder nicht Photoshop

… das ist hier die Frage!

Keine Zeichnung, sondern Foto? Keine echte Aufnahme, sondern mit Photoshop “gemalt”? Bild retuschiert? Manipuliert? Kaschiert?

Man unterstellt den Photoshoppern ja eine Menge, aber kaum einer kann mehr glauben, dass das, was er sieht, “echt” ist. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass man Bildern nicht trauen kann. Doch wird dies gerne bei Bildern gesagt, die entweder in einer besonderen Art und Weise aufgenommen wurden (beispielsweise Langzeitbelichtung), bei denen künstlerisch nachgeholfen wurde (z.B. bei HDR Bildern) oder bei denen man einfach nicht glauben kann (oder vielmehr will), dass es so ist, wie es ist (keine Zeichnung, sondern Foto).

Löwenzahn Fotovorlage zum Abzeichnen Pusteblume 2
Pusteblume

Mein Mann, der nun wirklich nichts mit Photoshop zu tun hat, zeigt mir sehr oft Fotos auf Facebook, bei denen mindestens ein Kommentator die Echtheit des Bildes bezweifelt. Ich darf dann mit geschultem Blick diese Aussage bewerten. Eine Sekunde reicht mir dabei aus, um zu sagen “doch, das ist echt” oder “ja, das ist HDR, Langzeitbelichtung, Kontrast- und Farbverändert etc.” Nur in seltenen Fällen komme auch ich ins Trudeln.

 

Gut gemacht, sieht man nicht

Wer Angst hat auf Profis hereinzufallen, der ist dies zu 90 % allerdings schon. Denn seien es Magazine, TV-Zeitschriften, Plakate oder die aufgehübschten Damen in den TV-Werbespots – Original ist da nur wenig. Wer richtig gut ist, der kann ein Bild so manipulieren, dass es dem Normalbetrachter überhaupt nicht auffällt. Manchmal kann auch nur ein Experte mit geschärftem Blick sagen, ob und was an einem Bild manipuliert worden ist. In der Zeitschrift Docma gibt es hierfür sogar eine extra Rubrik in der Leser vermeintlich manipulierte Bilder einsenden und diese von den Profis auf den Prüfstand gestellt werden. Hier wird aber auf extrem hohem Niveau geprüft und kritisiert. Im Normalfall sind Änderungen so geringfügig, dass diese auch kaum ins Gewicht fallen, dem Bild z.T. aber eine ganz andere Wirkung bescheren.

Solche Änderungen können sein:

  • Formatänderungen (z.B. Querformat zu Hochformat)
  • Anpassung des Kontrastes
  • Änderungen der Farbtemperatur (z.B. Weißabgleich)
  • Änderung des Farbraums (z.B. Graustufen, Sepia)
  • kleine Makel rausretuschieren

 

Besondere Fotografiertechniken

Immer dann, wenn eine außergewöhnliche Fotografiertechnik für besondere Effekte oder Farbstimmungen im Bild sorgt, sind die Betrachter besonders ungläubig. Speziell Langzeitbelichtungen geben uns, auf einem Foto festgehalten, einen Eindruck von Bewegung auf einem unbeweglichem Bild. Dies sind Szenen, welche man im wahren Leben so nie zu sehen bekommt.

 Verschluss: 32 Sek., Blende: f/3,5, ISO: 200, Brennweite: 18 mm
Langzeitbelichtung Autobahn

Doch nicht nur Momentaufnahmen von schnellen Bewegungen faszinieren uns. Auch natürliche Phänomene und Extreme sind uns als Betrachter nicht so geläufig, weshalb wir sie erst einmal in Zweifel ziehen. Und unser Wissen um die Möglichkeiten der modernen Bildmanipulation geben diesen Bildern zusätzlich ein “künstliches” Image.

 

Hyperrealistische Zeichnungen

Ganz besonders ungläubig bin auch ich teilweise, wenn ich hyperrealistische Zeichnungen zu sehen bekomme. Diese Zeichnungen sind dann SO detailliert und echt, dass man diese sehr leicht mit einem Foto verwechseln kann. Die hohe Aufmerksamkeit beim Zeichnen, Mühe und Arbeitsintensität wird diesen Zeichnungen in keinster Weise gerecht, eben weil sie dem oberflächlichen Betrachter nicht als das Besondere auffallen, was sie sind: Zeichnungen. In einem Beispiel war die Zeichnung derart realistisch, dass das selbst bei den gezeigten Zwischenschritten Zweifel bei einigen Betrachtern aufkamen und der erste Schrei gen Photoshop fiel. Doch betrachtet man aus der Bildserie das letzte Bild, auf dem die Zeichnung liegend abfotografiert wurde, so sieht man einen Schimmer, welcher nur bei Bleistift, aber nicht bei Ausdrucken vorhanden ist. Auch der Rand des Bildes, welcher auf dem letzten Beispiel zu sehen ist, deutet klar auf eine Zeichnung hin. Grade jene, die den Schöpfungsprozess eines derart detaillierten Werkes nicht nachvollziehen können, können sich daher nicht vorstellen, dass es sich bei diesem Beispiel wirklich um eine Zeichnung handelt.

 

Nur gephotoshopt? Unser Unglaube

Was wir nicht kennen und nicht verstehen (können), fällt uns schwer zu glauben. Und auch wenn wir selbst kaum damit zu tun haben, im Hinterkopf schwirrt das Wissen um ein “allmächtiges” Programm mit dem man “alles” machen kann.

Nicht zuletzt haben uns Magazine mit ihren Hochglanzschönheiten Jahrzehntelang getäuscht und wirklich fast nur gephotoshopt. Warum also noch etwas für echt nehmen, wenn es nicht echt aussieht? Andererseits sind grade junge Menschen dazu geneigt, die besagten Hochglanzschönheiten für echt zu nehmen und orientieren sich an diesen. Wenn die Retusche (anders als bei diversen TV-Magazinen) dezenter ausfällt, dann fallen auch erfahrenere Betrachter auf die Manipulationen herein.

Doch Manipulationen gab es schon immer, nicht erst seit Photoshop. Seit der Antike schminken sich die Frauen um beispielsweise gerötete Lippen und Wangen zu bekommen, betonen ihre Augen und so weiter. Und auch wenn es Photoshop bereits seit den 1980er Jahren gibt, so wurden Retuschen schon auf den Druckerplatten vorgenommen. Und auch die perfekte Ausleuchtung für ein Foto darf nicht unterschätzt werden. Das Banale, Alltägliche welches manipuliert wird, nehmen wir als gegeben und “wahr” hin. Doch das Faszinierende, Schöne und Fremde ist uns nicht vertraut genug um als “echt” anerkannt zu werden.

Und so schreiben wieder etliche Ungläubige unter die schönsten Fotos und Zeichnungen “das ist nur gephotoshopt”.

 

Weitergehende Links

 

HDR Bilder

  • Diskussion: High Dynamic Range (HDR)
  • HDR Teil 1: Was ist ein HDR überhaupt?
  • HDR Teil 2: Ein HDR aufnehmen
  • HDR Teil 3: Ein HDR am Computer verarbeiten

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