Warum Kooperationen in Deutschland oft scheitern
Ein Thema, welches mir vor über 10 Jahren schon Kopfzerbrechen bereitete, drängt sich leider wieder in mein Bewusstsein: (selbstlose) Kooperationen sind in Deutschland nicht kaum möglich.
Nur ein Empfinden oder traurige Realität? In diesem Artikel gehe ich meinem Vorurteil auf den Grund und ziehe einen selbst erklärten Misanthropen zu Rate. 😉
Das findest du in diesem Artikel:
Das Problem mit den Kooperationen
Nicht, dass wir uns missverstehen, es gibt durchaus Zusammenarbeit im deutschen Raum Internet und oftmals profitieren alle Parteien sehr gut dabei.
Außerdem ist es nicht Sinn dieses Artikels irgendwem persönlich auf die Füße zu treten. Mein Artikel soll lediglich zum Nachdenken anregen und gerne auch zum Diskutieren. Vielleicht habe ich ja auch nur einen falschen Eindruck in den letzten Jahren von der deutschen Mentalität gewonnen – könnte ja schließlich sein?! 🙂
Aber irgendwie im kreativen Bereich fällt es mir sehr schwer andere zu begeistern sich doch an etwas Größerem zu beteiligen und sei es nur mit Kleinigkeiten. In erster Linie sind die Regelmäßigkeit sowie die Selbstlosigkeit ein Problem, das ich hier sehe.
Aber der Reihe nach…
Aus der Spielewelt in die “echte” Welt
Wer mich länger kennt, weiß womit ich mich zu Anfangszeiten meiner Webseite noch so beschäftigt habe. Allen anderen sei hiermit gesagt: ich habe vor gut 10 Jahren ausgiebigst dem PC-Rollenspiel Neverwinter Nights geföhnt. 😉
Nicht, dass ich so ein typischer Computer- oder Rollenspielenerd wäre. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich auch gar nichts damit zu tun. Aber wie das Leben und die sich ändernden Bekanntschaften so spielen, kommt man dann auch mal mit Themen in Berührung, die man bis Dato nicht kannte.
Wie dem auch sei – ich war weniger Spieler, denn vielmehr Entwickler und Designer einer eigenen Onlinewelt nebst Story und Questen. Aus dieser Zeit stammt übrigens noch der Nickname Nightmage (engl. Nachtmagier), der lange auch den Namen meiner Webseite bildete und bis heute in vielen Portalen mein Nickname ist.
Aber kommen wir zu dem Problem mit den mangelnden Kooperationen…
Ähnlich der Mathematik ist Programmierung nun so gar nicht meins. Man kann aber keine zufriedenstellende Spielewelt aufbauen, wenn man gewisse Grundkenntnisse nicht hat. Also muss sich dieses Wissen von außerhalb (teilweise) angeeignet werden – fertige Scripte sind da natürlich viel besser.
Um das Spiel ist, dank der Möglichkeit eigene spielbare Welten online zu stellen, eine sehr aktive Community entstanden, die solche Scripte aber auch neue Items, Figuren etc. entwarf und bereit stellte. Leider, (beschämendes) leider waren die aktivsten und großzügigsten dieser Community zu über 90% aus den USA – von den Deutschen kam kaum etwas, meistens hielt man seine “Geheimnisse” unter Verschluss.
Und als ich zuletzt eigene Anleitungen öffentlich online stellte, waren sich andere nicht zu schade diese 1 zu 1 zu kopieren und auf ihre eigenen Seiten zu stellen -natürlich ohne mich zu fragen- anstatt die Originalquelle zu teilen. 🙁
Häme statt hilfreicher Kritik
Wenn ich in meinem 10 jährigen Erinnerungspool rund um meine Webseite krame, sieht es leider ähnlich düster aus. Zugegeben, wenn man sich naiv und enthusiastisch daran setzt und kostenlos informieren möchte, dann sind nicht alle Informationen immer zu 100% korrekt – so geht es einer Wikipedia nicht anders als meiner eigenen Seite. Umso dankbarer bin ich, wenn ich hilfreiche Hinweise bekomme um meine Inhalte zu verbessern. Den passenden Ton trifft dabei längst nicht jeder. Es kam auch schon vor, dass man in einer Onlinecommunity lieber über meine Seite herzog anstatt mir einen dezenten Hinweis zu geben. Ich war dann so frech dort einmal direkt selbst nachzufragen was ich denn besser machen könnte. Da wollte mir auf einmal der größte Kritiker direkt mit Rat und Tat zur Seite stehen – auf die Hilfe warte ich heute noch.
Große Reden schwingen kann jeder, aber selbst mal in die Hände spucken und mit anpacken, will man dann nicht mehr.
Nachmachen statt zusammen machen
Und wenn dann doch die Ambition aufkam etwas aufzubauen, dann ist es grundsätzlich immer schöner ein eigenes Projekt aufzuziehen und sei es noch so arbeitsintensiv. Kooperationen mit den Schwesterprojekten werden dann aber mitnichten angestrebt – man will der lästigen Konkurrenz ja nicht auch noch helfen.
Schade! Ich war und bin immer offen für Kooperationen und gehe auch gerne immer in Vorleistung um zu zeigen, dass es mir ernst ist. Leider verstehen Viele Kooperationen als Einbahnstraße, denn zurück kommt nur ganz selten etwas.
Man muss sich auch nicht nur auf einzelne Zusammenarbeiten beschränken – ein sich wiederholendes Geben und Nehmen ist viel effektiver, macht Spaß, begründet Freundschaften und nützt schließlich beiden.
Anfragen bleiben ungehört
In meinem Blog habe ich schon hier geschrien, aber gefolgt ist diesem Ruf bislang noch niemand. Ok, dachte ich, muss ich halt bisschen Eigeninitiative zeigen und habe paar Künstler angeschrieben, die mir auf Facebook aufgefallen waren. Klar war man sofort Feuer und Flamme, aber jetzt habe ich grade keine Zeit, gerne später war dann die Antwort, die ich dann zurück bekommen habe.
Gut, man hätte mir ja auch direkt nein danke, kein Interesse schreiben können, aber da war wohl die Angst zu groß unhöflich zu wirken. Nein, meine Damen und Herren, Abwimmeln ist unhöflich. Gut, freute ich mich dann über eine E-Mail, die mir ganz begeistert Hilfe anbot. Klar stieg ich direkt drauf ein, sowas wünscht man sich als Webmaster doch. 🙂 Auch auf diese Antwort warte ich noch.
Mangelnde Zeit für Kooperationen
Ja, ich gebe es ja zu: ich bin (auch) selbst schuld, dass es mit den Kooperationen nicht klappen will!
Wenn man als Vollberufstätige nebenbei noch einen Blog, einen Newsletter, ein Forum, Social Media Kanäle und diverse Webseiten betreut (vom Privatleben ganz zu schweigen), dann hat man schlicht keine Zeit und Energie mehr übrig um adäquat Partnerschaften zu finden und zu gründen. Diese brauchen nämlich eine intensive Pflege und bahnen sich anfangs auch erst nur vorsichtig an.
Und schließlich geht es den anderen ja auch genauso wie mir – auch sie haben berufliche und private Verpflichtungen und dann keine Zeit und oft genug sicher auch keine Lust sich an zeitintensive Projekte für jemand anderes zu setzen.
Das sagt Demhier dazu
Ich habe einmal den (darf ich das so schreiben?) Videokünstler Demhier darum gebeten mir seine Meinung zu diesem Thema zu schreiben. Er plaudert in seinem Blog daher ganz beflissen über seine Erfahrungen aus der YouTube-Community und zieht ein ebenfalls ernüchterndes Fazit.
Hier ein Auszug:
Kreativität im Internet
Im Folgenden beschreibe ich meine Rückschlüsse aus all den Erfahrungen, die ich mit dem Thema gemacht habe. Das wird manchen zynisch oder wie Gejammer vorkommen, aber es ist einfach nur eine nüchterne Zusammenfassung meiner Beobachtungen.
Erstmal kann ich nicht für das gesamte Internet sprechen, weil ich ein spezifisches Interessengebiet habe und mich zumeist nur an Orten aufhalte wo es darum geht. Ich interessiere mich für Filme, Spiele, Videoproduktion, teilweise auch Animes und Serien. Das Thema was mich dabei am meisten irritiert hat, betrifft Zusammenarbeit und die damit einhergehende Hilfsbereitschaft. Und das unter den Gesichtspunkten Kultur und Kommune.
Für mich steht fest: Die Deutschen sind weniger engagiert, weniger hilfsbereit und weniger an Qualität und Vielfalt interessiert. Dafür eigennütziger.
Im Ausland gibt es riesige kollaborative Projekte wie Videocollagen, Animationen, Spiele, Filme, Mods, Fanübersetzungen und so weiter, die aus reinem Aktivismus hergestellt werden und keinen kommerziellen Hintergrund haben. Es raufen sich viele kreative Köpfe zusammen und stellen kostenlos etwas für die Allgemeinheit her. In Deutschland sieht man sowas seltener, oder es scheitert oder es erreicht bei weitem nicht jene Qualität.
Warum ist das so?
Das kann mehrere Ursachen haben, wovon situationsabhängig unterschiedliche zutreffen können. Es läuft aber darauf hinaus, dass etwas mit der deutschen Mentalität nicht stimmt.
Den kompletten Text nebst seinen Theorien, warum die deutsche Mentalität sich selbst in diesem Punkt behindert, kannst du hier nachlesen.
Ich steck den Kopf nicht in den Sand!
Trotz der oben so zahlreich aufgeführten negativ Beispiele, die einen verzweifeln und manchmal auch die Lust an Kooperationen nehmen kann, darf und will ich den Kopf nicht in den Sand stecken. Denn die Zeit und die Chance, dass es doch mal klappt, kann jederzeit vor der Tür stehen – die mach ich doch lieber auf, anstatt mir Sand aus den Ohren zu puhlen. 😀
Halte mich daher nicht für verbittert oder weinerlich. Denn ich beantworte auch in Zukunft noch weiter Fragen zu technischen oder kreativen Themen, ganz ohne jede Erwartung an Gegenleistung. Und auch freue mich weiterhin über Kritik (über die lieb geschriebene noch mehr als über die fiese 😉 ), denn diese bringt mich und meine Webseite vorwärts.
In diesem Punkt bin ich halt ein Optimist und hege Ideale, für die ich vielleicht einfach noch nicht die passenden Leute gefunden habe. 🙂
6 Kommentare
A*YU
Hallo Stefanie.
Tja, so sieht’s nunmal aus in Deutschland.
Vieles hat sich hierzulande über die letzten jahrzehnte leider zum schlechten entwickelt – auch / vor allem in der Künstler -Szene. Kunst ist unterbezahlt, gilt als wertlos und überflüssig.
Das Internet, das dazu genutzt werden könnte um sich zu vernetzen und in gemeinschaft großes zu erschaffen hat dabei leider nicht geholfen.
Auch ich konnte bisher ausschliesslich mit Kollegen von Übersee an Kolaborationen arbeiten.
Vor allem die deutschen Programmierer sind hoffnungslose Fälle. Versuch mal einen zu finden, der für ein vielversprechendes, lukratives Projekt zu haben ist.
Der Ego Trip dominiert die dt. Gesellschaft und verhindert produktive Zusammenarbeit.
Ich selbst habe schon bei vielen Projekten ausgeholfen, bin aber auf der anderen Seite schon seit 15 Jahren auf der Suche nach engagierten Programmierern…
Zeichenkurs
Danke für deinen Kommentar. 😉
Wenn sich mir Programmieren irgendwie erschlossen hätte, hätte ich es mir schon lange angeeignet. Aber nicht jede Fähigkeit ist einem gegeben.
byzumen
Eine Frau – ein Wort und sicher einige Stimmen mehr noch, die dir zustimmen. So darunter auch meiner. Wobei ich zu meiner Verteidigung sagen muss, dass ich schon genau weis warum ich mein Ding lieber als Einzelgänger durch ziehen möchte. Ich beobachte auch so viel und bin erbost darüber wie einiges in unserer Gesellschaft so abläuft. Daher halte ich mich lieber schon von mir aus fern von vielem – auch wenn dies Verlust bedeuten mag. Mir sind andere Dinge in dem Punkt dann einfach wichtiger.
Zeichenkurs
Danke auch für deinen Kommentar. Ich handhabe das inzwischen ähnlich und halte mich oftmals einfach raus.
Pam
Liebe Steffi,
ich musste ein wenig schmunzeln, als ich Deinen Artikel gelesen habe, denn ich kenne diese Situation nur allzu gut. Ich bin inzwischen auch über 15 Jahre in Communities aktiv und auch immer und immer wieder auf dieses Mentalitäts-Problem gestoßen.
Wie viele Leute mir vor allem in den letzten 3 Jahren, seit ich das Render-Atelier habe, ihre Hilfe angeboten haben, kann ich schon gar nicht mehr zählen. Dafür brauche ich aber für die paar Leute, die diese Hilfe wirklich zur Verfügung stellen oder gestellt haben, nichtmal eine Hand.
Auch bei uns ist es so, das man sich nicht gern mit vorhandenen Projekten zusammentut, sondern lieber was eigenes aufzieht (und natürlich viel besser und toller ist), das Texte und Ideen geklaut und als eigene verkauft werden, man irgendwie ständig in Konkurrenz steckt und ganz automatisch diesen Kampf aufnimmt.
Es ist schwer, aber inzwischen habe ich (halbwegs erfolgreich) versucht, einfach mein Ding zu machen und diese Hampelmänner zu ignorieren. Wie Dir fällt es auch mir an manchen Tagen leichter, mich daran zu halten, an anderen bin ich dann wieder traurig über die verlorenen Möglichkeiten.
Und ja, ich zähle mich auch zu den Leuten, die gern helfen wollen, oftmals aber einfach nicht die Zeit finden, Kontakte zu pflegen und Projekte gemeinsam umzusetzen. Aber wenigstens bin ich da ehrlich.
Wie oft musste ich schon hören, “ich würd ja gern, aber die Zeit” und dann tauchte die Person an anderer Stelle auf und konnte dort genau das leisten, was mit mir angeblich nicht ging. Das kratzt am Ego.
Manchmal hilft es a aber dann doch, nicht länger über den Tellerrand zu schauen und sich auf sich selbst und das eigene Projekt zu konzentrieren. Und wenn man ganz viel Glück hat, kommt vielleicht irgendwann doch der oder die eine, die nicht nur die helfende Hand anbietet, sondern sie auch direkt hinstreckt und anfasst 😉
LG
Pam
Zeichenkurs
Hallo Pam, danke für deinen Kommentar.
Ja dieses Konkurrenzdenken ist in Deutschland irgendwie besonders stark ausgeprägt.
Ich helfe auch gerne, wo ich gefragt werde, habe aber oft leider auch den Eindruck ausgenutzt zu werden und das möchte man ja auch nicht.