Bilder aus dem Kopf zeichnen lernen
Viele beneiden einen ja darum, dass man Bilder komplett aus dem Kopf zeichnen kann. Wie das geht bzw. wie man das lernen kann sind dann die häufigsten Fragen.
Als jemand, der primär aus dem Kopf heraus zeichnet, beschreibe ich einmal in diesem Artikel, wie andere das auch schaffen können, wenn sie möchten. 😉
Das findest du in diesem Artikel:
Definition von “aus dem Kopf zeichnen”
Man versteht darunter, dass man Motive, ganze Bilder, zu Papier bringen kann, ohne eine Vorlage zu benutzen.
Man zeichnet also nichts ab, man erschafft das Gezeichnete selbst und überträgt es vom Kopf auf sein Zeichenpapier.
Vorteile und Nachteile
Der Vorteil besteht darin, dass man auf Vorlagen nicht angewiesen ist. Man ist freier und kann sich kreativ mehr ausleben.
Nicht zuletzt ist die Bewunderung, die man erfährt, weil man etwas aus seiner Phantasie heraus gezeichnet hat, auch sehr groß, eben weil es nicht jeder kann.
Eindeutiger Nachteil ist, dass man mehr “Logikfehler” in seinem Bild hat. Sprich: Perspektive, Proportionen, Anatomie, Licht & Schatten sind nicht immer stimmig oder realistisch. Man sieht einem Bild an, dass keine Vorlage benutzt wurde.
Doch diese Nachteile lassen sich mit Übung und Erfahrung ausmerzen. Auch wenn man Comics oder Mangas zeichnet, sind gewisse Aspekte wichtig, damit ein Bild stimmig wirkt. Mit den richtigen Techniken sehen aus der Fantasie entstandene Bilder sehr realistisch und glaubwürdig aus (wenn gewollt).
Meine Anfänge
Wie die meisten, die zeichnen, habe ich als Kind angefangen und damals mehr ziellos und eben aus Spaß gemalt und gezeichnet.
Da es mir liegt, habe ich weiter gemacht und Dinge, die mir im Kopf herumspuckten, zu Papier gebracht. Freilich sahen die ersten Bilder sehr kindlich naiv aus, doch ich habe weiter gemacht und ohne Ziel und Druck im Nacken Bild nach Bild gezeichnet, einfach, weil ich Spaß hatte.
Irgendwann, als ich schon in der weiterführenden Schule war, war mein bevorzugtes Malmedium der Kugelschreiber. Ich mochte das sanfte Gleiten der Kugel auf dem Papier. Bleistifte empfand ich immer mehr als kratzig.
Weil die Tinte des Kugelschreibers eben nicht mehr radiert werden kann, musste ich also zwangsläufig gleich jeden Strich richtig machen.
Auch wenn ich kaum mit Vorlagen gearbeitet habe, fiel es mir in der Schule nicht schwer Objekte glaubhaft abzuzeichnen. Gewiss mochte es an der Feinheit der Technik noch mangeln, aber es genügte, um stets gute Noten zu bekommen, weil ich die beste meiner Klasse in Kunst war.
Zeichen Techniken
Um Bilder aus dem Kopf glaubhaft und zwanglos aufs Papier zu bringen, sind einige Zeichentechniken hilfreich bzw. zwingend erforderlich.
Man kann auf klassische Zeichentechniken, wie Raster oder Grundformen bzw. Hilfslinien zurückgreifen. Sie erleichtern einem das Gliedern und Konstruieren des Motivs. Doch die unten stehenden Aspekte sind nicht zu vernachlässigen.
Erfahrung und Vorstellungsvermögen
Das Wichtigste überhaupt ist Aufgeschlossenheit und ein gutes Auge für Details und Merkmale. Wer die Geduld aufbringt sich seine Umgebung genau zu betrachten, sich Einzelheiten zu merken und auf jede Kleinigkeit Acht gibt, der kann dies nutzen, um Bilder zu erstellen.
Zudem sind ein gutes Vorstellungsvermögen in Kombination mit der Erfahrung (Erinnerung an Objekte, wichtige Merkmale, Konturen…) mit das Wichtigste, um ein Bild aus dem Kopf zeichnen zu können.
Man greift also innerlich auf das zurück, das man irgendwo schon einmal gesehen hat, wenn auch in veränderter Art und Weise. Denn das Betrachten allein ist die eine Seite der Medaille, wer richtig gut und abstrakt denken kann, der geht darüber hinaus und kann das Gesehene im Kopf verändern (z.B. eine andere Perspektive oder Details).
Das geht leichter von der Hand, mit der nötigen Übung.
Übung
Und da sind wir auch schon bei DEM Geheimnis eines jeden Künstlers: der Übung.
Denn wer nicht übt, der kann auch nichts (erreichen).
Klar, dass ich ein Tier nicht sofort, nachdem ich es gesehen und verinnerlicht habe, super realistisch zeichnen kann. Denn der Übergang von Gedanke zu Handbewegung, die die Linien mit dem Stift zieht, ist schwer. Um die Hand-Gedanken-Koordination (vergleichsweise zur Hand-Augen-Koordination) zu trainieren, ist regelmäßiges Zeichnen erforderlich.
Gut zeichnen zu können, kommt vom Zeichnen. Wer ein Bild im Kopf hat, kann es nur zeichnerisch zu Papier bringen, wenn man dies mehr als nur einmal gemacht hat. Dabei ist es egal, ob man immer wieder dieselbe Pose und Perspektive nimmt, hat man den Bogen erst mal raus, lassen sich (leichte) Abwandlungen auch simpler vollführen.
Hilfreich ist auch das Studium von Anatomie (bei Menschen- oder Tierbildern). Denn wer weiß, wie ein Körper aufgebaut ist (Knochen und Muskeln), kennt seine natürlichen Bewegungsabläufe und kann somit Posen und Perspektiven realistischer wiedergeben.
Vorlagen
Ich bin in dem “Stadium” des Zeichnens angelangt, in dem mir Vorlagen wichtig geworden sind. Denn das Vorstellungsvermögen hat auch Grenzen. Es ist einfach leichter, Anatomie und Posen mithilfe von Vorlagen anzufertigen.
Auch Details und Dekor (Verzierungen) sowie die Gestaltung des Vorder- und Hintergrundes funktionieren besser, wenn man sich neuen Input holt.
Ideen holen und sich inspirieren lassen funktioniert besser, wenn man über das eigene Blatt hinaus guckt und beobachtet was andere machen oder was die Realität (oder Abbildungen auf Fotos) zeigt.
Durch Abzeichnen aus dem Kopf zeichnen
Abzeichnen kann hilfreich sein, wenn man über kurz oder lang auf Vorlagen und Vorbilder verzichten möchte. Wer viel abzeichnet, kann seine Hand trainieren (Strichführung und Hand-Augen-Koordination) und lernt etwas darüber wie Objekte, Menschen, Tiere, Pflanzen, Comics … was auch immer, beschaffen sind.
Aber: Wer von anderen gezeichneten bzw. gemalten Bildern abzeichnet, der eignet sich ein Stück weit (fremde) Eigenarten und Stile an. Besonders bei Comiczeichnen bzw. bei Mangakas ist mir dieses Phänomen extrem aufgefallen. Da man “Lösungen” (Mimik, verfremdete Augen, Mund, Hände etc.), die einem gefallen, von anderen Zeichnern in seine eigenen Bilder übernimmt, übernimmt man gleich mit Zeichenmerkmale.
Gut: man lernt wie andere etwas machen und muss das Rad nicht neu erfinden
Schlecht: unter Umständen steht man sich bei der Entwicklung eines eigenen Stils selbst im Weg
Weiterführende Links
- Zeichnen lernen (mit Grundformen und anderen Techniken)
- Mittels Raster zeichnen
- Mit Abpausen zeichnen lernen
- Eigenen Zeichenstil entwickeln
- Wie Fehler im eigenen Bild finden?
- Brauche ich Talent um zu zeichnen?
Ein Kommentar
Marino
Mir gefällt dein “Portrait mit Bleistift” sehr gut. Die Frau hat Ähnlichkeit mit meiner Tochter. 🙂
Liebe Grüße
Marino