Zeichentechnik: abpausen – von eigenen Bildern lernen
Ist Abpausen erlaubt? Viele denken, dass diese Technik schummeln wäre, dabei ist es eine legitime Methode, mit der viele Künstler arbeiten.
Das findest du in diesem Artikel:
Zeichentechnik: abpausen – von eigenen Bildern lernen
Letzte Woche habe ich Euch die Zeichentechnik mit Raster zeichnen vorgestellt. Nicht immer bekommt man sein Raster sauber wieder weg radiert und auch während des Zeichnens müssen des Öfteren Korrekturen vorgenommen werden. Das Resultat: das Zeichenpapier leidet auf Dauer unter dieser Behandlung.
Verwischte Bleistiftspuren, Schäden vom Radieren und nicht zuletzt unabsichtliches Zerknittern des Papiers lassen das Bild in einem unschönen Licht erscheinen.
Oder aber man ist unzufrieden mit dem Gesamtergebnis, traut sich aber nicht mehr an das Bild heran.
Es gibt genügend Gründe, eigene Bilder abzupausen. In diesem Artikel möchte ich diese beleuchten und dem Abpausen das Stigma der Schummelei nehmen.
Abpausen ist doch Schummeln
Besonders in der Schule, wenn man am Anfang seiner Entwicklung und seines Lernens steht, auch lernen soll, wurde mir und meinen Mitschülern immer wieder eingetrichtert: Durchpausen ist Schummelei.
Dies hat sich in mir so eingebrannt, dass mich immer ein schlechtes Gewissen ereilte, wenn ich auch nur daran dachte.
Dabei gibt es gute Gründe für das Durchpausen, denn nicht immer ist dies “Betrug”.
Gute Gründe fürs Abpauschen
Wann immer man lernen kann oder seine erzielten Ergebnisse noch einmal in schön wieder geben kann, finde ich, ist Abpausen legitim.
Ich habe früher fast ausschließlich mit Kugelschreiber gezeichnet und konnte so verständlicherweise nicht radieren. Ich habe viel experimentiert, konnte aber so keine perfekt ausgearbeiteten Bilder vorweisen. Daher habe ich nicht nur mein fertiges Endergebnis, sondern auch sehr oft Zwischenschritte abgepaust, um mein Bild zu entwickeln.
Oben habe ich das Beispiel mit der Rastertechnik erwähnt. Auch hier arbeitet man viel an seinem Bild, welches auf Dauer darunter leidet. Ein frisches Blatt Papier, auf dem die Zeichnung übertragen wird, sieht da viel besser aus.
Auch habe ich Zeichnungen, wenn ich sie anschließend mit Markern kolorieren wollte, selten auf dem teuren Layoutpapier vorgezeichnet, sondern erst auf normalem Papier. Das fertige Bild habe ich dann mit Bleistift auf dem Markerpapier mittels durchpauschen übertragen und konnte dann mit meinen Markern weiter arbeiten.
Das Material kann also auch ein Grund sein, Bild zu kopieren.
Als oft gehörtes und auch selbst so praktiziertes Argument wäre noch das Experimentieren zu erwähnen. Nicht selten hat man Bilder, mit denen man soweit zufrieden ist, traut sich aber nicht, mit neuen Techniken oder Materialien an diese heran, aus Angst man würde sie versauen. Auch hier kann eine Kopie die Angst vor Experimenten am Bild nehmen.
Nicht zuletzt kann man während des Kopiervorgangs auch eine Menge lernen, was Proportionen und Größenverhältnisse angeht – wenn man denn will. Denn automatisiert und unbewusst sollte man dabei nicht vorgehen.
(Selbst-) Betrug durchs Durchpausen
Wieso wurde uns diese Technik dann als Kind verboten?
Man kann es sich mit dieser Methode zugegebenermaßen sehr leicht machen. Es ist auch vielmehr eine Technik, denn Kreativität. Aber Kreative bedienten und bedienen sich noch heute vieler Techniken. Sei es das erwähnte Raster oder allein die Tatsache eine Vorlage zu benutzen.
Es ist durchaus legitim, diese Techniken einzusetzen und ist unter Kunstschaffenden sehr gebräuchlich.
Dem Makel “abgepaust” schwingt allerdings immer noch ein “abgemalt”, “kopiert” und nicht zuletzt “NICHT selbst gemacht” mit. Denn wie erwähnt, es ist sehr einfach durchzupausen, viel zeichnerisches Talent benötigt man dafür nicht und es geht sehr schnell.
Aber auch Abpausen will gelernt sein. Denn einfach 1 zu 1 die Linien nachzuzeichnen birgt wirklich nicht viel Kreativität und erst einmal auch nicht viel Lernpotenzial. Nur wenn man sich bewusst macht, was genau man da wo und vor allem warum nach malt, kann ein Lerneffekt einsetzen.
Dennoch wird gerne unterstellt, man sei faul und würde aus diesem Grunde auf diese Technik zurückgreifen. Nicht selten mag dies auch der Fall sein, aber wie oben erwähnt, muss Faulheit nicht der einzige Grund sein. 😉
Bedenklich wird das Kopieren fremder Bilder, vor allem wenn letztendlich keine eigene kreative Leistung oder Entwicklung stattfindet. Darüber hatte ich in meinem Artikel Doofes Urheberrecht … man macht doch Werbung?! Bereits etwas geschrieben (siehe “Weiterführende Links”).
Hilfsmittel
Nicht jede Papiersorte ist leider so dünn und durchscheinend, dass es reicht sein zu kopierendes Motiv darunterzulegen, um es abpausen zu können.
Normales Drucker- und Zeichenpapier und ganz besonders Layoutpapier sind sehr dünne Papiere. Hochwertiges, dickes Zeichenpapier oder aber auch Aquarellpapier sind allerdings zu dick zum Durchpausen.
Hier kann man einen Leuchttisch verwenden, welcher dank des Lichtes, das von unten nach oben scheint, die Konturen wieder sichtbar macht.
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Solche Leuchttische gibt es sogar von Copic. Damit liefert .Too nicht nur Fineliner und hochwertige Marker, sondern auch ein weiteres Zeichenzubehör, welches besonders für Comiczeichner und Mangaka interessant sein dürfte.
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Oder man nimmt gleich Transparentpapier und zeichnet darauf ab. Auch hier gibt es viele verschiedene Varianten.
Beispielbilder
An dieser Stelle möchte ich einige Beispielbilder zeigen und anhand dieser aufzeigen, wieso Abpausen sinnvoll ist.
Den Frosch habe ich mittels Rastertechnik gezeichnet, das Raster aber nicht mehr zu 100 % sauber weg bekommen. Außerdem wollte ich ihn mit Alkoholmarkern kolorieren. Aus diesem Grunde habe ich das Bild noch einmal auf Layoutpapier kopiert.
Anschließend konnte ich mein Motiv sauber mit Tuschefinelinern nachziehen.
Die Seerosenblüte wollte ich ebenfalls noch einmal mit Finelinern auf Layoutpapier und mit Markern ausmalen. So habe ich auch diese auf das Markerpapier übertragen, indem ich meine Bleistiftzeichnung abgepaust habe.
Kugelschreiber Bilder
Wie oben bereits erwähnt, habe ich früher sehr viel mit Kugelschreiber gezeichnet. Dann kann man ja nicht radieren. Dennoch konnte ich meine Zeichnungen entwickeln, und zwar indem ich meine Skizze abgepaust habe und auf einem neuen Blatt die nächste Entwicklungsstufe gezeichnet habe.
Hier habe ich einen schwarzen Kugelschreiber benutzt.
In meiner Skizze (Zeichnung 1) habe ich die Figur grob vor skizziert. Die Hilfslinien brauchte ich nicht mehr, so habe ich in Zeichnung 2 meine Skizze weiter ausgearbeitet.
In Zeichnung 3 habe ich mein Bild so weit vervollständigt. Ich habe das Gesicht ausgearbeitet, die Haare, die Kleidung und nicht zuletzt habe ich dann auch noch die Schattierungen angefertigt.
Diese Zeichnung ist über 3 Blatt Papier entstanden und schon einige Jahre alt (ca. 2005).
Abpausen ist also keine “Kindertechnik”, sondern hat durchaus ihre Berechtigung. 😉
Weiterführende Links
- Artikel: Urheberrecht… man macht doch Werbung?!
- Artikel: Mit Raster zeichnen lernen
- Forum: Anleitung “Leuchttisch bauen” (Downloads nur für treue Forenmitglieder)
- Tipps und Tricks beim Zeichnen
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