Acrylic Pour von Lennart-Balg
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Grundlagen der Acrylmalerei

In diesem Gastartikel beschreibt Lennart Balg die Grundlagen der Acrylmalerei und einige seiner Erfahrungen, die er beim Malen mit Acryl gesammelt hat und auch vereinzelt in seinem Blog auf Hobbeasy.de vorstellt. Vielen Dank an dieser Stelle für seinen Beitrag. 🙂

Die Grundlagen der Acrylmalerei

Vielseitig, intensiv und schnell. Drei Attribute, die die Acrylfarbe* treffend beschreiben. Es gäbe noch zig weitere, wie: anfängerfreundlich, preiswert und deckend – aber alles zu nennen, würde den Rahmen sprengen. Kurz gesagt: Die Acrylfarbe ermöglicht dir aufgrund ihrer Eigenschaften den schnellen, mühelosen Zugang in die Welt der Malerei.
Falls du dich schon immer mit dem Thema auseinandersetzen wolltest aber nie die Zeit oder die Motivation gefunden hast, ist jetzt der Moment gekommen. In diesem Artikel gehe ich auf die Grundlagen der Acrylmalerei ein, stelle dir die Farbe und ihre Besonderheiten vor und zeige dir, wie du die Farbe nach deiner Pfeife tanzen lässt. Anschließend findest du einige Hinweise zu einer für Anfänger gerechten Erstausstattung sowie Ideen und Techniken zum direkt Loslegen.

 

Woraus besteht eigentlich Acrylfarbe?

Acrylfarben bestehen in ihrer Essenz aus drei Bestandteilen: Farbpigment, Bindemittel und Lösungsmittel. Das Pigment ist der farbgebende Stoff in dieser Zusammensetzung. Häufig bestehen Pigmente aus gemahlenen Feststoffen, die früher aus der Natur extrahiert wurden, beispielsweise aus dem Urin von Kühen im Falle von Indischgelb. Dem Tierschutz und dem Forschungsfortschritt sei Dank können heutzutage beinahe alle Pigmente und damit auch die meisten Farbtöne synthetisch hergestellt werden.

Als Bindemittel werden bei der Acrylfarbe zum Malen Polyacrylate verwendet. Das sind Kunstharzteilchen bzw. Kunststoffe, die in einem Emulsionsverfahren in Wasser gelöst wurden. Das ist auch der Grund, wieso sich die Oberfläche der Acrylfarbe nach dem Trocknen so anfühlt, als bestehe sie aus Kunststoff. Das flüssige Bindemittel wird in der Herstellung der Farbe mit dem Pigment unter Zugabe eines Lösungsmittels so lange vermischt, bis das Farbpigment gleichmäßig mit dem Bindemittel benetzt wurde. Als Lösungsmittel wird Wasser verwendet, um die Acrylfarbe streichfähig zu machen. Sobald das Wasser aus der Farbe verdunstet ist, verklebt das Pigment-Bindemittel-Gemisch mit dem Untergrund und härtet wasserfest aus. Um einmal ausgehärtete Acrylfarbe zu lösen, bedarf es eines
anderen Lösungsmittels wie Isopropanol oder Aceton. Falls du also beim Malen deine Kleidung mit Acrylfarbe beflecken solltest, ist es ratsam, den Fleck schnellstmöglich mit reichlich Wasser und Seife auszuspülen, bevor die Farbe trocknen kann.

 

Vielseitigkeit der Farbe

Fakt ist: Die Handhabung von Acrylfarben* ist extrem einfach. Sie vertragen sich mit einer Vielzahl von Zusätzen, mit denen du die Farbeigenschaften manipulieren kannst. Davon mal abgesehen, lassen sie sich auch wunderbar direkt aus der Tube auftragen. Aber von vorne: Die Acrylfarbe trocknet schnell, selbst wenn du einen dickeren Farbauftrag wählst. Das ermöglicht dir ein schnelles Vorankommen beim Malen und eine zügige Fertigstellung deiner Werke. Was dem einen gefällt, muss dir aber nicht entgegenkommen. Wenn du etwas bedachter malen willst oder einen schwachen Farbauftrag wählst, reichen dir die wenigen Minuten bis die Farbe angetrocknet ist möglicherweise nicht.

  • Um die Trocknungsdauer zu verlängern, kannst du beispielsweise ein Verzögerungsmittel* einsetzen. Wenn du die Konsistenz der Farbe nicht beeinflussen willst, solltest du ein Mittel mit gelartiger Konsistenz wählen.
  • Sofern du für deine Zwecke eine besonders fließfähige Farbe benötigst, solltest du sie mit einem Fließmedium anreichern. Solche Fließmedien sind nichts anderes als pigmentfreie, flüssige Bindemittel*, deren Viskosität durch Zugabe von viel Wasser herabgesetzt wurde. Das besondere an solchen Fließmedien ist das Mischungsverhältnis der einzelnen Stoffe. Es muss flüssig genug sein, um mit Farbe vermischt regelrecht über den Malgrund zu strömen und muss bindend genug sein, damit der Farbfilm nicht unterbrochen wird. Mit diesen Zusätzen kannst du beispielsweise solche Bilder malen:
Acrylic Pour von Lennart Balg
Acrylic Pour von Lennart Balg
  • Falls du genau das Gegenteil eines fluiden Motivs anstrebst, solltest du die Farbe mit einer Strukturpaste* oder einer Verdickungspaste mischen. So angedickte Farbe kann von dir beinahe wie Ölfarbe* verarbeitet werden: In einem enorm dickflüssigen und pastösen Farbauftrag, langsam trocknend bei sehr hoher Farbintensität. Abgesehen von diesen speziell dafür entwickelten Zusatzstoffen kannst du die Acrylfarbe auch mit anderen Farbarten wie Aquarell oder Tinte im Sinne eines „Mixed Media“-Werks kombinieren.

 

Malgründe

Erlaubt ist, was gefällt. Zumindest mit Einschränkungen. Der Klassiker ist noch immer ein auf Keilrahmen gespanntes Leinentuch*. Aber auch Holz, Papier, ABBA-Schallplatten oder alte Blumentöpfe können mit Acrylfarbe bemalt werden. Voraussetzung für das Infragekommen als geeigneter Malgrund ist die Grundierung mit Gesso*. Oberflächen wie Leinwand, Holz und Papier lassen sich leichter mit Gesso grundieren als Blumentöpfe oder Möbel.
Diese Gips-Kreide-Mischung dient der Acrylfarbe als undurchlässige, alterungsbeständige Basis, in die sie einziehen kann, ohne mit dem darunterliegenden Objekt in Berührung zu kommen. Die Alterungserscheinungen des bemalten Objekts können so weitestgehend von der Bemalung ferngehalten werden.

Gesso macht die Farbe außerdem haltbarer, indem es ihr Flexibilität verleiht. Bilder auf unvorbereiteten Malgründen werden wesentlich schneller brüchig und haften nicht so stark. Aber keine Sorge – Wenn du auf einer Leinwand starten möchtest, brauchst du dich um eine Grundierung wahrscheinlich nicht zu kümmern. Bereits mit Gesso vorbereitetes Leinen gilt heute als Standard und gibt es in beinahe allen Größen, sowohl auf Keilrahmen gespannt als auch zum selbst spannen als Rolle.

 

Ausrüstung

Zu den Grundlagen der Acrylmalerei gehört auch ein kleiner Einblick darüber, welche Materialien man für den Start benötigt.

 

Die Farbe

Für den Anfang benötigst du keine fancy Farbtöne, sondern lieber wenige Farbtöne in sehr guter Qualität*. Eine Auswahl an Grundfarben sowie ausreichend Weiß und ein wenig Schwarz zum Aufhellen oder Verdunkeln der Farbe sollten dir gute Dienste leisten. Die Reduzierung auf eine kleinere Auswahl qualitativer Farben setzt voraus, dass du dich mit dem Mischen der Farben beschäftigst. So kannst du dir bestimmte Farbfamilien mit feinen Farbabstufungen selbst erschließen, anstatt die grob abgestuften, vorgemischten Farben aus der Tube zu verwenden.

 

Zusätze

Falls du eine bestimmte Maltechnik einsetzen möchtest, für die die Wirkung oder die Eigenschaften der Acrylfarbe verändert werden muss, solltest du dich an den unter „Vielseitigkeit der Farbe“ beschriebenen Zusätzen orientieren.

Acrylfarbe mit Pinsel und Palette
Acrylfarbe mit Pinsel und Palette

 

Malwerkzeug

Traditionellerweise geschieht der Farbauftrag mit einer Auswahl unterschiedlicher Pinsel*. Dabei spielt nicht nur der Durchmesser des Pinsels eine Rolle, sondern auch die Art der eingesetzten Haare und die Ausrichtung dieser zum Bild. Für den Start solltest du dir eine Auswahl unterschiedlich großer Pinsel zur genaueren Ausarbeitung deines Bildes aussuchen. Für die meisten Einsteiger empfiehlt sich eine Kombination mehrerer runder und flacher Haarpinsel*.

Obwohl Borstenpinsel in der Schule für den Auftrag von Wasser- und Acrylfarben meistens empfohlen werden, halte ich sie für Anfänger als zu schwer zu dosieren. Borstenpinsel hinterlassen oft einen sichtbaren Pinselstrich, der, sofern nicht explizit gewünscht, nicht unbedingt elegant aussieht. Später kannst du dein Sortiment um allerlei Pinselformen ergänzen oder ein Malmesser zum Spachteln in Betracht ziehen.

 

Malgrund

Für den Start empfiehlt es sich, auf einem bespannten Keilrahmen zu beginnen, dessen Leinwand mehrmals vor grundiert wurde. So kannst du die Eigenschaften der Farbe auf einem millionenfach erprobten Malgrund kennenlernen, ohne durch die Charakteristiken des Untergrunds beeinflusst zu werden.

 

Palette

Eine als solche beworbene Palette* ist nicht zwingend nötig. Genauso gut funktioniert ein weiß unterlegtes Acrylglas oder jede andere glatte, nicht saugfähige Oberfläche. Ein Stück Karton oder Pappe ist allerdings kein ebenbürtiger Ersatz für die Palette, obwohl sie so leicht zu reinigen zu entsorgen sind. Der Karton saugt die Farbe auf und entzieht ihr Feuchtigkeit. Du wirst feststellen, dass die Acrylfarbe noch wesentlich schneller als ohnehin schon austrocknen wird.

 

Techniken

Ohne einzelne Techniken tiefer gehend zu erklären, möchte ich dir einige beliebte Techniken vorstellen, die ich unter anderem auf meiner Acryl-Themenseite auf Hobbeasy.de thematisiert habe und zu den Grundlagen der Acrylmalerei gehören.

 

Fluid Paintings

Würde man den Hype um Fluid Paintings* bzw. Acrylic Pouring* mit einem Thermometer messen, würde man sich wahrscheinlich die Finger verbrennen, so heiß begehrt ist diese Maltechnik aktuell.

Durch Zugabe von Fließmedien und anderen Zusätzen werden die Farben in ihrer Viskosität und ihrer Wirkung verändert. Anschließend wird die Farbe auf einen Malgrund gegossen, fließen gelassen und mit entsprechendem Werkzeug nachbereitet. Das Ergebnis sind einmalig schöne Werke mit besonderem Charakter, die sich dem Einfluss des Zufalls nicht entziehen aber durch bewusste Farbzusammensetzung, Strömungsbeeinflussung und Nachbereitung in ihrem Resultat gesteuert werden können.

 

Rakeltechnik

Wessen Bilder eines noch lebenden Künstlers werden am teuersten überhaupt verkauft? Richtig – die eines Deutschens. Gerhard Richter gilt als einer der renommiertesten Künstler der Neuzeit und ist vor allem für eine abstrakte Kunst bekannt.
Und welche Technik verwendet der Großmeister? Richtig – die Rakeltechnik. Auf kleineren Formaten klappt das was Richter in groß gemeistert hat, mit einer handelsüblichen Kunststoff-Rakel* recht gut. Vielleicht werden deine Werke nicht für Millionen versteigert aber wenn du über Farbgefühl verfügst und etwas von strengen Konventionen losgelösten Komposition verstehst, werden deine Rakelwerke sicher ein gutes Bild im heimischen Wohnzimmer abgeben.

 

Gegenstandsmalerei

Weg vom Abstrakten, hin zum Gegenständlichen. Selbstverständlich ist die Gegenstandsmalerei ein großes Thema der Acrylmalerei. Objekte können sehr detailliert und präzise abgebildet werden, ohne die Farbe in ihrer Konsistenz bearbeiten zu müssen. Die gegenständliche Acrylmalerei ist von Spontanität und Schnelligkeit geprägt, die sich im Bild widerspiegelt. Die Eigenschaften der Farbe belohnen von Haus aus temperamentvolle Abbildungen, die zügig gemalt wurden. In diesem Zusammenhang ist auch die Landschaftsmalerei bzw. die Personenmalerei zu erwähnen. Wenn dir eine Vorlage zur Verfügung steht, dessen Wesen es nur in einem kurzen Moment zu erfassen gilt, bietet sich die Acrylfarbe aufgrund ihres hohen Arbeitstempos als Alternative zur gezeichneten Skizze an.

 

Fazit zur Acrylmalerei und Malen lernen

Ich hoffe, dir hat dieser Artikel über die Grundlagen der Acrylmalerei gefallen und du kannst das gewonnene Wissen in die Tat umsetzen. Genauso wie dich jeder Bleistiftstrich beim Zeichnen weiterbringt, wird dich jeder Pinselstrich beim Malen weiterbringen und dein Können verfeinern. Falls du interessiert daran bist, weitere Arten der Malerei abseits der Acrylmalerei kennenzulernen, empfehle ich dir außerdem meinen Artikel zum Thema „Malen lernen“. Dort gehe ich auf unterschiedliche Farbarten ein und umreiße die Grundlagen der räumlichen Gestaltung sowie der Bildkomposition.

Bemalte Leinwand mit Acrylfarbe in Tuben nebst Pinsel
Bemalte Leinwand

Vielen Dank fürs Lesen und viel Spaß beim Ausprobieren.

 

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2 Kommentare

  • Pouring

    Guten Tag Stefanie,

    ein toller Artikel!
    Du gehst bei deinen Malgründen auf Holz ein. Hast du selber schon Erfahrungen mit dem Malgrund Holz machen können? Mich persönlich interessiert das Pouring mit Holz brennend!

    lg

    • Stefanie

      Hallo Pouring,

      da es sich hier um einen Gastartikel handelt, darfst du mich das nicht fragen. 😉
      Aber ich denke, darum ging es bei deinem Kommentar auch nicht?!

      Ich wünsche schöne Weihnachtsfeiertage.

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